WIEVIEL ZUHAUSE VERTRÄGT DER JOB?
Interstuhl    23.01.2018     19236

ARBEITEN ZWISCHEN HOME-OFFICE UND BÜRO

Bisher neideten Angestellte den Selbstständigen nicht viel. Zu viel berufliche Unsicherheit, zu viel Verantwortung, zu viel Organisationsaufwand. Doch spätestens beim Thema Home-Office bekommen alle, die morgens für den Job das Haus verlassen, glänzende Augen. Schließlich klingt das Arbeiten im Pyjama, wenige Meter entfernt von Tisch und Bett, wie ein Traum an Selbstbestimmung und Work-Life-Balance. Und mit der Flexibilisierung der Arbeitswelt zieht das Konzept Home-Office auch in der Angestelltenwelt ein. Die Frage ist nur: Kann das funktionieren? Und wenn ja, wie?

 

ARBEIT ALS SOZIALER AKT: WARUM DAS BÜRO NICHT NUR WIRTSCHAFTLICH WICHTIG IST

Ein x-beliebiges (Großraum-)Büro ist ein summender, lebendiger Organismus. Im Guten wie im Schlechten. Wer konstruktiv und produktiv arbeiten will, muss sich vor Kollegen, dem klingelnden Telefon und den Argusaugen des Chefs verstecken. Doch wenn es an Inspirationen fehlt oder es eine knifflige Frage zu lösen gilt, sind Kollegen, Telefon und Chef sofort zur Stelle. Und damit werden Hindernisse schneller aus dem Weg geräumt, der Job reibungsloser erledigt.

Auch wenn der Mensch im Büro eine Rolle spielt und als homo oeconomicus gewissen Erwartungen genügen muss, heißt dies noch lange nicht, dass er seinen Charakter am Empfangstresen abgibt. Obwohl Gegner der Büroarbeit gerne so tun, als müsste sich jeder Mensch für die Arbeit mit anderen komplett verbiegen, so steckt doch viel soziale Freiheit im täglichen Miteinander. Ein Schwätzchen hier, gemeinsame Mittagspausen, Verabredungen nach Feierabend, Romanzen in der Teeküche: Im Büro finden wir Freunde, Gemeinschaft und Miteinander - und tragen diese Beziehungen ins Privatleben fort.

Nicht zuletzt ist die räumliche Trennung zwischen Heim und Job auch eine gesunde Form dessen, was Vertreter der Work-Life-Balance eigentlich anders meinen: Zuhause kümmern wir uns im Idealfall nur um uns. Im Büro um den Job. Wenn die Uhr Fünf schlägt, legen wir unsere Angestellten-Rolle ab, schnaufen durch und werden wieder Privatmensch. Und das ist eine nicht zu unterschätzende Grenze, die das Home-Office verwischt.

 

KONFERENZ IM PYJAMA: WARUM DAS HOME-OFFICE DIE PRODUKTIVITÄT AUF DIE SPITZE TREIBT. UND WARUM NICHT.

Bin ich noch Arbeiter oder bin ich schon Privatmensch? Diese Frage lässt sich im Home-Office kaum beantworten. Schließlich könnten die Grenzen zwischen den beiden Lebensbereichen nicht durchlässiger sein. Das hat Vor- und Nachteile. Mal eben den Handwerker reinlassen und trotzdem die Präsentation bearbeiten? Kein Problem. Mit den Kids abends spielen und kurz unterbrechen, um noch schnell eine E-Mail zu beantworten? Auch kein Ding.

Auf der anderen Seite gibt es im Home-Office keinerlei soziale Zwänge. Noch nicht einmal Rollen, die der Arbeiter spielen müsste. Er sitzt in der bequemsten Kleidung in einer höchst persönlichen Umgebung und kümmert sich um nichts als die Aufgabe. Ohne Kontrolle oder Druck von außen. So gesehen ist das Home-Office die Spitze der Produktivität. Allerdings verlangt diese Reduktion aufs Wesentliche enorme Selbstdisziplin. Denn Ablenkungen gibt es zuhause reichlich. Genau dafür fehlen wiederum Kontrolle und Druck von außen.

Büro und Home-Office sind also zwei Pole der Arbeitsorganisation, die kaum weiter voneinander entfernt sein könnten: Kontrolle von außen vs. Selbstkontrolle, vernetzungsorientiert vs. aufgabenorientiert, getrennte Lebenswelten vs. integrierte Lebenswelten - und nicht zuletzt Lagerkoller vs. Vereinsamung. Können sich Unternehmen, die ihren Mitarbeitern flexiblere Arbeitsmodelle anbieten wollen, zwischen diesen Polen überhaupt sinnvoll bewegen? Auf jeden Fall. Die Kunst dabei ist, Mensch und Strukturen erst einmal zu ignorieren und die Arbeit in den Blick zu nehmen.

 

MITTELWEG ZWISCHEN ZUSAMMEN UND ALLEIN: DER UNTERSCHIED ZWISCHEN INSPIRATION UND ROUTINE

Es gibt Routineaufgaben, die sind so langweilig, dass sie am besten erledigt werden, wenn jemand anderes dabei (scheinbar) über die Schulter schaut. Der soziale Druck überwindet den inneren Widerwillen und die Umgebung bietet genug Ablenkung, um den gelangweilten Geist zu aktivieren. Und dann gibt es Aufgaben, die Kreativität und Inspiration verlangen - und zündende Ideen kommen nicht, wenn man sie am Schreibtisch sucht. Sondern beim Putzen, Kochen oder Bilder malen.

Schon deswegen gibt es Positionen im Unternehmen, die den Mitarbeitern zwangsläufig die Möglichkeit zum Home-Office anbieten sollten. Alles mit 'Creative' im Namen kann anders nur schwer funktionieren. Aber auch für Aufgaben höchster Konzentration, für die es kein Teamwork braucht, sollten Unternehmen ab und zu zuhause erledigen lassen - Quartalsabrechnungen, Jahresberichte etc. können schneller redigiert oder kompiliert werden, wenn der Mitarbeiter nicht ständig den Faden verliert.

Doch wieviel Zuhause ist dabei nötig und sinnvoll? Immer mehr Unternehmen bieten einen (festen) Home-Tag pro Woche. Andere kommunizieren zumindest die Möglichkeit, dass Mitarbeiter bei Bedarf zuhause arbeiten können. Und das ist eigentlich der sinnvollere Weg: Schließlich ist nicht jeder Charakter für das Home-Office gemacht. Und nicht jeder Job wird besser erledigt, wenn der Mitarbeiter zuhause vor dem Bildschirm hockt. Andererseits braucht es manchmal für eine Aufgabe mehr als einen Tag allein zuhause.

Wer den Mittelweg zwischen Zusammen und Allein als Unternehmen nutzen will, braucht die Fähigkeit, den Mitarbeitern zu vertrauen. Und diese wiederum müssen verstehen, dass ein Home-Office-Tag kein Freifahrtschein für mehr Freizeit ist. Letztendlich geht es also immer um die Frage: In welcher Umgebung erledige ich Job XY am besten?

 


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